KINOSTART Germania

Das Corps Germania ist eine farbentragende und schlagende Verbindung männlicher Studenten in München, die seit 1863 besteht. Dies ist Fakt. Man kann es auf der Homepage nachlesen. Doch was ist eigentlich ein Corps genau? Und wie unterscheidet es sich von einer sogenannten „Burschenschaft“? Die oftmals komplett geschlossenen Studentenverbindungen liefern häufig Anlass für Spekulationen, Vermutungen – und auch Vorurteile. Der Filmemacher Lion Bischof hat mit seinem Team das Leben und Wirken im Corps Germania über mehrere Monate begleitet. Zusammen mit einem neuen „Fuchs“, der in die Germania eintritt, taucht der Zuschauer ein in den Mikrokosmos der Studentenverbindung. Dabei hält sich Bischof auch als Interviewender zurück, verzichtet auf einen Kommentar oder eine Wertung – doch die sehr enge Kamera, die kluge Montage und die an den richtigen Stellen einsetzende pointierte Musik setzen subtile Hinweise und geben Denkanstöße zu den Bildern, die oftmals eintönige und sich wiederholende Rituale zeigen. So fragt man sich als Zuschauer, wo denn genau die Faszination eines Corps oder einer Burschenschaft generell liegen mag. Die Protagonisten selbst kommen auch zu Wort, versuchen ihre Motivation in Worte zu fassen. Doch am stärksten gelingt dem Film dies, wenn er die Studenten einfach dabei beobachtet, wie sie untereinander agieren. Die Suche nach Orientierung, nach Männlichkeit und eine große Portion Hierarchie- und Elitedenken werden hier überdeutlich. Doch auch wenn die Handlungen oder Äußerungen nicht immer nachvollziehbar erscheinen, stellt der Film die Mitglieder des Corps nicht bloß. Denn GERMANIA ist ein Dokumentarfilm, der nicht kommentiert, sondern der zeigt. Und damit den Zuschauer anregt, selbst kritisch zu hinterfragen, was er sieht. Ein angenehm unaufgeregter und genau beobachtender Film über ein immens aufgeladenes Thema voller Vorurteile.
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